Kaffeewissen

Arabica oder Canephora: Was ist „besser“?

Judith Geuking
Zuletzt aktualisiert am
16. Dezember 2025
canephora oder arabica

Über Jahrzehnte wurde Specialty Coffee fast ausschließlich mit Arabica verbunden. Der Grund: Eine komplexe Kolonial- und Exportgeschichte, die dazu geführt hat, dass wir Arabica mit mehr Qualität und mit einem vielseitigeren Geschmacksprofil verbinden. Arabica galt als natürliche Grundlage für hochwertigen Kaffee. Die Annahme, dass Canephora nur kräftiger, bitterer und dafür grundsätzlich ungeeignet sei, hielt sich lange.

Aber: Beide Arten entwickeln ihr Profil aus Botanik, Anbau, Aufbereitung und Röstung – und beide können geschmacklich überraschen. So beweisen hochwertige Canephora-Lots (manchmal als „Fine Robusta“ bezeichnet) heute, dass auch diese Art sensorisch überzeugen kann und sich durchaus innerhalb des Specialty-Segments wiederfindet. Moderne Anbau- und Verarbeitungstechnik zeigen ein deutlich breiteres Spektrum als nur "kräftig" oder "bitter". 

Arabica: komplex, klar, vielseitig

Arabica wächst langsamer, häufig in höheren Lagen. Die Pflanzen reagieren sensibler auf Klima, Boden und Pflege, was sich im Geschmacksprofil zeigt. Arabica hat mehr Zucker, eine feinere Säurestruktur und ein breites Spektrum an Aromavorstufen. Das führt oft zu fruchtigeren oder floralen Tassen.

Ein Beispiel aus unserer Rösterei: Die Merle - ein Agaro Arabica

Unser Fully Washed Arabica stammt aus Indien und wird auf der Finca Bettadakhan auf 1280–1470 Metern angebaut. Agaro zeigt hier, wie perfekt Arabica sein kann: cremiges Mundgefühl, präzise Süße, feine Struktur. Einfach, klar und stimmig.

Canephora: robust und im Wandel

Canephora (oft auf „Robusta“ reduziert) ist resistenter gegen Hitze, Schädlinge und Krankheiten und damit einfacher anzubauen, auch auf niedrigeren Lagen. Das Ergebnis sind höhere Erträge und ein "billigerer" Kaffee. Canephora enthält mehr Koffein und wurde geschmacklich lange unterschätzt, weil die Bohnen häufig in Massenverarbeitung und unsauberer Aufbereitung landeten.

Mit Qualität und Transparenz im Anbau sowie moderner Verarbeitung zeigt sich heute ein anderes Bild: Struktur, Süße, feine Säureansätze und Aromen, die früher verdeckt waren – von dunkler Schokolade über Gewürz bis hin zu roten Früchten.

Denn: Entscheidend ist nicht nur die Art, sondern wie gearbeitet wird. Faire Produktionsbedingungen, direkter Austausch mit den Farmer*innen, ökologische Landwirtschaft und saubere, kontrollierte Aufbereitung haben einen direkten Einfluss auf die Tasse. Sorgfältig produzierte Canephora kann deutlich angenehmer und klarer schmecken als schlecht verarbeiteter Arabica. Qualität entsteht entlang der gesamten Kette – nicht allein durch den Namen der Sorte.

Ein Beispiel dafür: Unser Törtchen - Old Paradenia + CxR Canephora

„Törtchen“ besteht aus zwei Fully-Washed-Canephoras: Old Paradenia und CxR. Beide werden unter ausgezeichneten Bedingungen produziert und zeigen, wie viel aromatische Tiefe in Canephora steckt, wenn man die Art nicht als Nebenrolle behandelt. Im Espresso wirkt die Cuvée klar, dicht und harmonisch. Das Aromenspektrum reicht von Nougat über Popcorn bis Feige und Wacholderbeere. Ein Kaffee, der zeigt, dass Canephora nicht kompensiert, sondern inspiriert – und den Kaffee-Horizont erweitert.

Wenn Arabica und Canephora zusammenarbeiten

Viele Espressi weltweit enthalten bereits Canephora – für Körper, Struktur und Crema. Gut kombiniert mit Arabica-Eigenschaften entstehen Profile, die weder Arabica alleine noch reiner Canephora erreicht.

Ein Beispiel aus unserem Sortiment: Nussecke, Old Paradenia + Catuai Vermelho

 „Nussecke“ vereint Fully Washed Old Paradenia (Canephora aus Indien) und Natural Catuai Vermelho (Arabica aus Brasilien). Beide Varietäten ergänzen sich so logisch, dass sie wirken wie ein eingespieltes Team: Pfirsich, Cashew, Karamell, Zimt und Maronen. Canephora liefert Körper und Struktur, Arabica steuert Frucht und Süße bei. Genau hier zeigt sich, dass die zwei Arten keine Gegenspieler sind, sondern Partner mit klaren Rollen.

Was bedeutet das für die Frage „Was ist besser?“

Kurz und einfach: Darum sollte es nicht gehen. Beide Arten haben nachvollziehbare Stärken und nur die gesamte Kette von Anbau bis Zubereitung entscheidet über Qualität. Die bessere Frage lautet viel mehr: Was passt zu dir – und zu deiner Zubereitung? Was schmeckt dir? Achte auf Qualität und du findest in beiden Arten spannende Eigenschaften.