Kaffeewissen

Klarheit statt Crema: Warum guter Espresso unter der Oberfläche beginnt

Judith Geuking
Zuletzt aktualisiert am
04. Dezember 2025
Espresso Crema

Viele Espressofans schauen auf die Crema. Verständlich: Dieser goldene Schaum wirkt einladend, warm und vertraut. Doch obwohl er zum Erlebnis dazugehört, verrät er nur einen kleinen Teil davon, wie gut ein Espresso tatsächlich ist. Der eigentliche Charakter liegt darunter – im Geschmack, in der Klarheit und in der Textur.

Dieser Artikel begleitet unsere Serie „Wie erkennst du guten Kaffee?“ auf Instagram und erklärt, was Crema kann, was sie nicht leisten muss und worauf du beim Espresso wirklich achten solltest. 

Was Crema eigentlich ist

Crema entsteht, wenn CO₂, Kaffeeöle und feine Partikel unter Druck eine Emulsion bilden.

Einfach gesagt: Sie ist der feine Schaum, der entsteht, wenn frischer Kaffee unter Druck aufbricht und sich Gas, Öle und Partikel kurz miteinander verbinden.

Ihre Ausprägung hängt davon ab, wie frisch die Bohnen sind, welche Sorte in deiner Maschine landet und wie die Röstung aufgebaut ist. Arabica zeigt sich eher hell und feinporig, Canephora beziehungsweise Robusta kräftiger und stabiler.

Crema erzählt dir also etwas über Herkunft und Zustand des Kaffees – aber nicht darüber, wie er schmeckt.

Was Crema nicht verrät

Auch ein Espresso mit perfekter Crema kann dumpf, bitter oder flach wirken. Und hochwertige Kaffees, besonders hell geröstet, bilden manchmal nur eine zarte Schicht. Crema ist schlicht kein Qualitätsmaßstab. Sie zeigt Volumen und Frische, aber nicht, ob ein Espresso aromatisch klar, angenehm süß oder gut ausbalanciert ist.

Wie die Zubereitung die Qualität des Espressos prägt

Der Geschmack eines Espressos entsteht aus dem Zusammenspiel vieler kleiner Entscheidungen: Wie fein du mahlst, wie heiß dein Wasser ist, welche Dosierung du wählst und wie stabil deine Maschine arbeitet. Diese Parameter formen, wie rund, lebendig oder strukturiert ein Espresso schmeckt. Sie entscheiden über Balance, Süße und Klarheit – und damit weit mehr über die Qualität als die Optik der Crema. (Lies gerne hier weiter zu Tipps zur Espresso-Zubereitung). 

Und die Zubereitung beeinflusst auch deine Crema selbst. Denn Crema reagiert sehr sensibel auf dein Setup. Ist der Mahlgrad zu fein, die Temperatur oder der Druck zu hoch oder die Dosierung übertrieben, wirkt sie schnell dunkel und dicht oder bleibt stellenweise sogar aus. Wird hingegen zu grob gemahlen, mit zu niedriger Temperatur gearbeitet, zu wenig Kaffee verwendet oder landet bereits gealterte Bohne im Siebträger, zeigt sich eine helle, dünne Crema, die sich rasch auflöst. Auch ein zu niedriger Brühdruck raubt ihr Stabilität. Diese Effekte verändern vor allem das Erscheinungsbild – nicht den eigentlichen Charakter in der Tasse.

Und natürlich: Die Bohne selbst macht den größten Unterschied

Zubereitung kann viel formen, aber sie arbeitet immer mit dem, was die Bohne mitbringt. Sorte, Aufbereitung und Röstung bestimmen, wie viel CO₂, Öle und Struktur überhaupt verfügbar sind. Ein sortenreiner Arabica wird nie die gleiche Crema zeigen wie ein kräftiger Canephora. Und eine helle Röstung bringt naturgemäß weniger Volumen mit als eine dunklere. Die Grundlage für Espressoqualität entsteht also schon lange vor der Maschine.

Warum wir Crema trotzdem lieben 

Auch wenn Crema kein Qualitätsmerkmal ist, bleibt sie ein schöner Teil des Erlebnisses. Sie macht den ersten Schluck weicher, trägt Aromen und schafft diesen kleinen Moment von Wärme und Fülle, den viele am Espresso so lieben. Sie gehört dazu – nur definiert sie nicht, wie gut der Espresso wirklich ist.

Der Charakter liegt darunter.